Das große Berührungs-ABC: 26 Schlüsselbegriffe rund um Nähe, Achtsamkeit & Consent
Berührung ist eine Sprache. Noch bevor wir sprechen, schreiben oder denken können, antwortet unser Körper auf Nähe: auf Wärme, auf gehalten werden, auf ein „Ich bin da für dich“. Diese Sprache bleibt uns ein Leben lang erhalten – doch selten lernen wir ausführlich und tief, sie bewusst zu lesen und klar zu sprechen.
„Das große Berührungs-ABC“ lädt dich ein, diese wichtige Sprache bewusster zu gestalten und dadurch auch mehr genießen zu können. Jeder Buchstabe steht für einen Begriff, der dich dabei unterstützt, Berührung so zu schenken, dass sie deinem Gegenüber und dir selbst gut tut: achtsam, klar, sicher, nährend. Dieses ABC ist kein theoretisches Glossar, sondern ein praktischer Wegweiser für Menschen, die berühren möchten. Einige Buchstaben richten den Blick auf dein Gegenüber: Wie lauscht du dem Körper vor dir? Woran erkennst du ein Ja oder ein Zögern? Andere laden dich ein, auf dich selbst zu achten: Was braucht dein eigener Körper, damit du Berührung mit Freude und Leichtigkeit geben kannst?
Dieses ABC ist eine Einladung, Berührung bewusster zu schenken – Schritt für Schritt, Buchstabe für Buchstabe. Verstehe es wie eine kleine Sammlung von Impulsen, die dich und dein berührendes Leben bereichern dürfen. Vielleicht berührt dich heute A wie Achtsamkeit, morgen K wie Kuschelenergie oder später Z wie Zeit geben. Du entscheidest, womit du anfängst.
A – wie Achtsamkeit
Achtsamkeit bedeutet, aufmerksam zu sein – nicht nur mit dem Kopf, sondern mit dem ganzen Körper. Sie lädt dich ein, ganz wach zu sein und den Körper des Menschen vor dir wahrzunehmen: Was erzählt dir seine Muskelspannung? Sein Atem? Der kleine Wechsel im Tonus, wenn deine Hand ihn berührt? Vielleicht ein wohliges Seufzen? Achtsamkeit richtet sich aber genauso nach innen. Sie fragt: Wie geht es mir gerade? Bin ich entspannt? Kann ich Berührung aus Freude schenken – und nicht aus Pflicht, Erwartung oder Gewohnheit?
Wenn du achtsam bist, entsteht ein Dialog aus feinen Signalen: dein Körper spürt, der andere antwortet, und aus diesem Zusammenspiel entwickelt sich eine berührende Interaktion, die stimmig und respektvoll ist.
B – wie Berührungskunst
Berührungskunst bedeutet, Berührung nicht als reine Technik, sondern als Ausdrucksform zu verstehen. Sie entsteht, wenn du Freude am Geben hast und den Mut, deinen eigenen Stil zu entwickeln – weich, verspielt, klar oder ruhig. Als Berührungskünstler:in folgst du keinen fixen Abläufen, sondern erschaffst Begegnungen, die lebendig und echt sind. Du spürst, was im Moment Sinn ergibt, und traust dich, kreativ zu sein, statt perfekt. So wird Berührung zu einer Kunst: persönlich, intuitiv, und jedes Mal neu.
Lies dazu gern unseren vertiefenden Blogartikel: „Werde Berührungskünstler:in – Ja, das kann man lernen!“
C – wie Consent
Consent bedeutet, dass jede Berührung auf einem echten Ja basiert – ausgesprochen, sichtbar oder spürbar. Für dich als gebende Person heißt das: Du wartest nicht auf Widerstand, sondern suchst aktiv nach Zustimmung. Ein Ja zeigt sich auch oft leise: durch entspanntere Atmung, ein Weichwerden im Körper, eine kleine Bewegung entgegen deiner Hand.
Consent heißt auch, dass ein früheres Ja nicht automatisch für den nächsten Moment gilt. Du bleibst aufmerksam dafür, ob die Berührung weiterhin stimmig ist.
Wenn du Consent ernst nimmst, entsteht ein Raum, in dem sich dein Gegenüber sicher fühlt – und nur in Sicherheit kann Berührung ihre große Wirkkraft entfalten.
In unserem Blog findest du einige Artikel zum Thema Consent. Wir beleuchten das Thema auf verschiedene Weise, da es komplex ist, vielschichtig und immens wichtig für eine bewusste und schöne berührende Begegnung. Hier sind ein paar davon:
D – Druck & Dosierung
Druck ist einer der entscheidendsten Faktoren guter Berührung. Zu leicht, und die Berührung „verpufft“ auf der Haut. Zu stark, und der Körper spannt an oder zieht sich zurück. Dosierung bedeutet deshalb, genau hinzuspüren: Wie reagiert der Muskel unter deinen Händen? Wird der Atem tiefer oder flacher? Entsteht Weichheit – oder Widerstand? Gute Dosierung ist dynamisch. Sie passt sich an, wechselt zwischen leicht und klar, folgt dem Gewebe statt es zu überreden.
Wenn du Druck bewusst variierst, fühlt sich Berührung an wie ein Dialog. Und dieser Dialog entscheidet, ob dein Gegenüber sich gehalten, übergangen oder wirklich gemeint fühlt.
E – wie Empfangen
Auch das Empfangen ist eine Fähigkeit, die geübt werden darf – und es ist aktiver, als viele glauben. Wer Berührung empfängt, gibt die Verantwortung nicht ab, sondern bleibt präsent: spürt, was im eigenen Körper passiert, erlaubt sich Weichheit oder setzt Grenzen, wenn etwas nicht stimmt.
Empfangen bedeutet, sich der Berührung nicht zu entziehen, aber sich ihr auch nicht ausliefern zu müssen. Es heißt, bewusst wahrzunehmen: Wie fühlt sich das an? Was tut gut? Was brauche ich jetzt?
Zum Empfangen gehört auch, das Geschenk wirklich einsinken zu lassen, ohne darüber nachzudenken, was man „zurückgeben“ möchte oder muss. Gute Berührung darf landen – sie braucht kein Gegengewicht, nur ein ehrliches Ja und ein waches Mitschwingen. Wenn die empfangende Person so mitwirkt, entsteht eine Begegnung, die klar, sicher und nährend für beide ist.
F – wie Flow
Flow entsteht, wenn du nicht mehr jede Bewegung planst, sondern dich vom Kontakt leiten lässt. Berührung wird dann weniger zu einer Abfolge von Griffen und Kuschelpositionen und mehr zu einem natürlichen Hin und Her: ein kleiner Impuls von dir, eine Reaktion vom anderen, und daraus entsteht der nächste Schritt.
Es geht nicht darum, kreativ oder besonders zu sein, sondern authentisch. Du spürst, wann es gut ist, zu verweilen, wann dein Körper weiter möchte, wann etwas Neues entstehen darf. Flow zeigt sich in weichen Übergängen, in Bewegungen, die nicht abrupt sind, sondern organisch aus dem Moment heraus entstehen.
Wenn Flow entsteht, fühlt sich Berührung mühelos an – wie ein harmonischer Tanz, als würdet ihr beide dem gleichen inneren Rhythmus folgen.
G – wie Grenzen
Grenzen sind nicht das Ende von Berührung, sondern liefern eine deutliche Orientierungshilfe. Grenzen schaffen Vertrauen. Ich kann darauf vertrauen, dass du deine Grenzen benennst – und wenn du es nicht tust, darf ich davon ausgehen, dass es für dich stimmig ist. Grenzen lassen uns loslassen, wirklich genießen und ermöglichen erst dadurch echte Nähe.
Als gebende Person ist es wichtig zu erkennen, wo Nähe noch stimmig ist – und wo sie zu viel wird. Grenzen zeigen sich im Körper oft unmittelbar: ein Anspannen, ein Zurückweichen, ein flacherer Atem, ein „nicht ganz mehr dabei sein“. Du nimmst diese Signale ernst, ohne sie zu dramatisieren. Du passt dich an, wirst langsamer, hältst vielleicht inne. Und du bist dir bewusst, dass du Annahmen triffst – keine ultimativen Wahrheiten erkennst.
Auch deine eigenen Grenzen gehören dazu: Wie nah möchtest du gerade sein? Welche Berührungen fühlen sich für dich stimmig an? Wie lange kannst du schmerzfrei in einer Position verweilen? Nur wenn du deine Grenzen wahrnimmst und hältst, kannst du mit Freude und aus vollem Herzen schenken.
Lies dazu gern unseren Blogartikel: „Eine Grenze ist eine Grenze ist eine Grenze – oder nicht?“
H – wie Hingabe
Hingabe ist nicht Hinnahme. Sie ist nicht passiv und nicht „sich er- oder aufgeben“, sondern ein aktives Einlassen: ein inneres Ja, das bewusst gegeben wird. Beide können sich hingeben – die berührende wie die empfangende Person. Beide können der Berührung folgen und sich dem Moment anvertrauen.
Ganz wichtig: Hingabe braucht Grenzen. Nur wenn ich weiß, dass ich meine Grenzen gut halten kann, kann ich mich hingeben. Dann kann ich mich fallen lassen, loslassen, mit allen Sinnen genießen – ohne Angst, überrollt oder übergangen zu werden. Hingabe entsteht nur dort, wo Berührung sicher ist, dann wird sie als wunderschöner Zustand von Freiheit erlebt.
Für dich als gebende Person heißt Hingabe, Raum zu schaffen, in dem dieses sich Öffnen möglich wird, zum Beispiel durch Entschleunigung und das klare Einhalten aller getroffenen Absprachen.
I – wie Intuition
Intuition ist das Wissen deines Körpers, das schneller ist als jeder Gedanke. Wenn du berührst, zeigt sie sich in kleinen Impulsen: hier etwas länger verweilen, dort ein wenig leichter werden, eine Bewegung verändern, ohne genau zu wissen, warum. Intuition entsteht nicht aus Spontaneität allein, sondern aus Erfahrung, Aufmerksamkeit und innerer Offenheit. Sie schenkt dir Orientierung, wenn Regeln und Routinen nicht weiterhelfen. So wird Berührung nicht unberechenbar, sondern lebendig – ein Kontakt, der aus dem Moment entsteht und gerade deshalb echt ist.
J – wie Ja-Gefühl
Ein echtes Ja zeigt sich selten zuerst im Kopf, sondern meist im Körper. Das Ja-Gefühl ist dieses kleine innere Aufatmen, ein Weichwerden, ein „Ja, so kann es weitergehen“. Wenn wir gelernt haben, unsere körperlichen Zeichen wahrzunehmen und zu deuten, ist dieses Ja oft sehr klar.
Für dich als gebende Person bedeutet das: Du orientierst dich nicht nur an Worten, sondern auch an körperlichen Rückmeldungen. Ein Ja kann sich zeigen durch nachlassende Spannung, durch ein Hinwenden, durch eine subtile Öffnung im Kontakt. Gleichzeitig braucht es die Demut zu wissen: Es sind Annahmen, die du über dein Gegenüber triffst – kein gesichertes Wissen.
Und dein eigenes Ja zählt genauso. Wenn du keines hast – oder es übergehst – bleibt oft ein schaler Nachgeschmack zurück. Ein stimmiges Ja gibt Berührung Tiefe, Leichtigkeit und Freude – auf beiden Seiten.
K – wie Kuschelenergie
Kuschelenergie ist weich, nährend und nicht auf Erregung ausgerichtet. Sie lädt zu Nähe ein, ohne ein Ziel oder ein „mehr“ zu verfolgen. Sie will nichts – sie ist einfach da. Ein gemeinsames Fließen, Sich-treiben-lassen, Genießen.
Sexuelle Energie dagegen ist oft lebendiger, aktivierender und stärker auf ein Ziel ausgerichtet. Sie ist ebenso wertvoll und kann genauso achtsam, liebevoll und respektvoll sein. Doch sie verändert den Kontakt: Sie möchte etwas anderes, bewegt den Körper anders, lädt zu anderen Formen von Nähe ein.
Für bewusste, nichtsexuelle Berührung ist es wichtig, diesen Unterschied klar zu halten. Kuschelenergie zeigt sich durch Weichheit, ruhige Atmung, ein Gefühl von „nährend statt erregend“. Sie schafft Sicherheit und ermöglicht tiefe Entspannung.
Wenn du als gebende Person in dieser Energie bleibst, weiß dein Gegenüber: Die Nähe hier ist sicher, eindeutig und frei von sexueller Absicht.
L – wie Langsamkeit
Langsamkeit ist die Einladung, aus dem Tempo des Alltags auszusteigen und in einen anderen Rhythmus zu finden. Bei langsamen Berührungen bekommt der Körper Zeit zu reagieren: weicher zu werden, Vertrauen aufzubauen, ein echtes „Ja“ zu spüren. Schnelligkeit überfordert oft das Nervensystem – Langsamkeit hingegen beruhigt, öffnet und verbindet. Sie ist keine Technik, sondern eine Haltung – ein Sich-Einlassen darauf, dass weniger oft mehr ist.
Für dich als gebende Person heißt das: Du nimmst Druck heraus. Du lässt Pausen zu. Du gibst Berührung Raum, sich zu entfalten, statt sie zu „machen“. Du lebst Entschleunigung.
M – wie Miteinander
Berührung ist kein Solo. Sie entsteht im Miteinander – in dem feinen Zwischenraum, den zwei Menschen gemeinsam gestalten. Für dich als gebende Person bedeutet das: Du bist nicht die besserwissende Expertin, die „weiß, was gut wäre“. Du stellst dich in den Dienst der empfangenden Person – und das heißt auch, nicht mehr zu tun als verabredet war.
Miteinander entsteht durch klare Kommunikation. Du sagst, was du anbietest und was geschehen wird. Du machst deutlich, dass alles veränderbar ist: „Wenn du etwas anderes brauchst, sag es mir. Ich bin gern für dich da.“ So entsteht ein gemeinsamer Raum, in dem Berührung ein Prozess ist, den ihr beide gestaltet – miteinander.
N – wie Nervensystem
Berührung wirkt immer auf das Nervensystem – ob wir es wollen oder nicht. Es entscheidet, ob ein Moment als entspannend, neutral oder überfordernd erlebt wird. Wenn du berührst, begegnest du also nie nur einem Körper, sondern immer auch einem Nervensystem, das sich sicher, unsicher oder irgendwo dazwischen fühlt. Ein reguliertes Nervensystem erkennt man an weichem Atem, kleinen Bewegungen der Zustimmung, einer spürbaren Bereitschaft zu Nähe. Ein überfordertes Nervensystem zeigt sich oft durch Anspannung, Unruhe, Zurückweichen oder gedankliche Abwesenheit.
Für dich als gebende Person heißt das: Du passt deine Berührung nicht an „Techniken“ an, sondern an den Zustand dieses Nervensystems. Mal braucht es mehr Ruhe, mal mehr Halt, mal mehr Raum. Wenn du das Nervensystem mitdenkst, wird Berührung nicht nur angenehm – sie wird heilsam, weil sie genau das unterstützt, was Körper und Psyche gerade brauchen.
Möchtest du mehr zum Thema entdecken, lies gern den Blogartikel: „Berührung, die beruhigt – Wie du mit sanften Impulsen dein Nervensystem stärkst“
O – wie Oxytocin
Oxytocin wird oft als „Kuschelhormon“ bezeichnet – und das zu Recht. Es stärkt unser Bindungsgefühl, schenkt uns ein inneres „Ich bin willkommen“ und lässt uns Zugehörigkeit spüren. Oxytocin wirkt wie ein sanftes Gegenmittel zu Einsamkeit und innerer Anspannung.
Du musst beim Berühren nicht darüber nachdenken, wie Oxytocin entsteht. Der Körper macht das ganz von selbst – immer dann, wenn Berührung als sicher, langsam, angenehm und liebevoll erlebt wird. Für dich als gebende Person heißt das: Schaffe einen Rahmen, in dem sich der Körper deines Gegenübers entspannen kann. Wenn Nähe stimmig ist, entsteht Oxytocin ganz von selbst.
P – wie Präsenz
Präsenz bedeutet, ganz da zu sein – nicht halb im Kopf, nicht schon beim nächsten Schritt, sondern mit deiner Aufmerksamkeit im Kontakt. Menschen spüren sofort, ob du anwesend bist oder nur „Bewegungen machst“. Sie entsteht durch deine innere Haltung: Ich schenke dir gern. Ich bin hier. Präsenz zeigt sich im Hinspüren und Lauschen darauf, wie sich die Berührung anfühlt und was der Körper dir zurückmeldet. So spürt dein Gegenüber, dass es wirklich gemeint ist – und das berührende Geschenk wird tausendmal größer.
Und natürlich: Wenn deine Gedanken plötzlich bei der Einkaufsliste landen, kehrst du einfach wieder zurück. Du konzentrierst dich auf deine innere Haltung, auf das Spüren der Berührung, auf deinen Atem.
Q – wie Qualität
Berührungsqualität entsteht nicht durch Komplexität oder besondere Techniken, sondern durch Echtheit. Sie zeigt sich in drei Dingen:
- Feinfühligkeit – deine Hände hören zu, statt nur zu tun.
- Intention – du weißt, warum du berührst und was du anbieten möchtest.
- Handwerk – du findest die passende Intensität, das richtige Tempo, den stimmigen Moment.
Qualität bedeutet nicht „mehr machen“, sondern jemanden wirklich meinen. Hände, die nicht einfach abarbeiten, sondern Verbindung anbieten – das spürt das Gegenüber sofort.
R – wie Regulation
Regulation beschreibt, wie sich ein aufgeregtes Nervensystem wieder beruhigen kann – bei dir und bei deinem Gegenüber. Es bedeutet, dass der Körper aus Stress, Anspannung oder Übererregung wieder in einen ruhigeren Zustand findet, in dem er entspannen kann und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden.
Co-Regulation heißt: Eure Nervensysteme beeinflussen sich gegenseitig. Wenn du ruhig, klar und liebevoll bist, kann die andere Person leichter zur Ruhe kommen. Und umgekehrt spürst du oft selbst mehr Weichheit, sobald dein Gegenüber loslässt.
Für dich als gebende Person bedeutet das: Achte zuerst auf dich selbst. Atme ruhig. Finde eine bequeme Position. Berühre nur so lange und so viel, wie es für dich selbst stimmig bleibt. Je wohler du dich fühlst, desto sicherer fühlt sich die andere Person – und kann von der Co-Regulation profitieren.
S – wie Sicherheit
Sicherheit ist die Grundlage jeder bewussten Berührung. Ohne Sicherheit kann der Körper nicht loslassen und nicht genießen. Sicherheit entsteht unter anderem durch Technik („Ah, du weißt, was du tust – du wirst mich nicht verletzen.“) und durch Klarheit: Was passiert genau? In welchem Rahmen? Mit welcher Absicht? Körperlich zeigt sich Sicherheit durch weicher werdende Atmung, kleine Zeichen von Zustimmung, ein Spüren von „Ich darf hier sein“. Unsicherheit dagegen erkennt man an Anspannung, Zurückweichen oder innerer Unruhe.
Für dich als gebende Person heißt das: Du schaffst einen verlässlichen Rahmen. Du bleibst bei dem, was ihr verabredet habt. Deine Berührungen sind eindeutig, langsam genug und – vor allem – frei von versteckten Erwartungen.
T – wie Tempo
Tempo ist neben Druck eine der vielen Ausdrucksmöglichkeiten von Berührung. Ein langsames Tempo lädt den Körper ein, weicher zu werden, den Atem zu vertiefen und sich sicher zu fühlen. Ein etwas lebendigeres Tempo kann dagegen Energie wecken, den Kontakt wacher machen oder spielerische Qualitäten hervorbringen. Beides ist wertvoll – entscheidend ist, was gerade passt.
Für dich als gebende Person heißt das: Du wählst das Tempo bewusst. Nicht automatisch langsam, nicht automatisch schnell. Du spürst: Was unterstützt diesen Moment?
Und beachte: Die meisten Menschen sind eher zu schnell. Deshalb probiere es im Zweifelsfall zuerst mit Langsamkeit.
U – wie Umarmung
Eine Umarmung ist eine der einfachsten und zugleich intensivsten Formen von Berührung. Sie bringt zwei Körper in Kontakt – locker und beckenfern oder nah und verschmolzen. Ganz so, wie es für den Moment stimmig ist. In einer guten Umarmung entsteht ein kurzer Moment von Ankommen: ein Gefühl von „Da bin ich“ und „Da bist du“.
Für dich als gebende Person bedeutet das: Du führst nicht, du hältst nicht fest. Du bietest Halt an, ohne festzuhalten. Du lässt Nähe entstehen, ohne sie zu erzwingen. Eine bewusste Umarmung passt sich an – an die Körperspannung, an das Tempo des Atems, an die Bereitschaft des anderen, sich anzulehnen oder ein wenig Gewicht abzugeben.
V – wie Verletzlichkeit
Verletzlichkeit ist nichts Schlimmes und bedeutet nicht, sich „angreifbar“ zu machen. Verletzlichkeit ist ein Geschenk. Sie lädt dich ein, dich zu zeigen – mit dem, was jetzt da ist, ohne etwas zurückzuhalten oder zu verstecken.
Berührt zu werden macht uns verletzlich – wir werden im wahrsten Sinne des Wortes berührbar. Das zeigt sich oft durch Emotionen. Vielleicht fließen Tränen – aus stillem Glück, aus Erleichterung, aus Traurigkeit oder Dankbarkeit. Manchmal zeigen sich Wut, Frustration oder Hilflosigkeit. All das ist normal, menschlich und erlaubt.
Deine Aufgabe als gebende Person ist nicht, etwas wegzumachen, zu erklären oder zu verändern. Nichts kleinzureden, nichts zu dramatisieren. Deine Aufgabe ist es, den Raum zu halten – mit einer inneren Haltung von „Ich bin da“. Das ist eines der großen Geschenke bewusster Berührung: Ein Mensch fühlt sich wirklich und vollständig angenommen, wenn er sich zeigen darf – und darin nicht abgelehnt, sondern gehalten wird.
Verletzlichkeit zeigst du auch in der Art, wie du berührst: Du offenbarst immer auch etwas von dir – deine Weichheit, deinen Mut und deine Bereitschaft, dich auf einen anderen Menschen einzulassen. Verletzlichkeit bedeutet nicht, dich bloßzustellen, sondern einfach da zu sein.
Mehr zum Thema Verletzlichkeit kannst du in diesem Blogartikel entdecken: „Die Geschenke der Verletzlichkeit und warum Mut sich auszahlt“
W – wie Wohlwollen
Wohlwollen ist die innere Haltung, aus der heraus du berührst. Es bedeutet: „Ich bin dir zugewandt. Ich möchte, dass es dir gut geht. Ich nehme nichts und fordere nichts.“ Wohlwollen ist still, unaufgeregt und kraftvoll. Es schafft einen Raum, in dem dein Gegenüber sich sicher fühlt, weil es spürt, dass deine Berührung keine Agenda verfolgt.
Für dich als gebende Person heißt Wohlwollen, ohne Bewertung zu berühren: Du erwartest nichts zurück, vergleichst nicht, analysierst nicht. Du bist einfach da – ehrlich, freundlich und klar. Wenn Berührung von Wohlwollen getragen ist, entspannt sich etwas Grundlegendes im anderen Menschen. Sie wird nicht nur angenehm, sondern heilsam, weil sie im Kern sagt: „Du bist willkommen, so wie du bist.“
X – wie eXhale (Ausatmen)
Ausatmen ist einer der direktesten Wege, den Körper in Entspannung zu führen. Ein langer, weicher Ausatem – zum Beispiel sechs Sekunden ausatmen gegenüber vier Sekunden einatmen – aktiviert den Vagusnerv. Er signalisiert dem Nervensystem: Du bist sicher. Du darfst loslassen.
Für dich als gebende Person ist das Ausatmen ein stiller Anker. Wenn du selbst ruhig und etwas länger ausatmest, lädt das dein Gegenüber unbewusst ein, den Atem tiefer werden zu lassen und mehr in die Entspannung zu gehen.
Y – Yin- & Yang-Qualität
Yin und Yang sind zwei Pole, die sich nicht ausschließen, sondern ergänzen. Beides braucht es – auch in der Berührung.
- Es braucht Yin-Qualität:
Yin ist das Weiche, Offene, Empfangende. Sie zeigt sich in ruhigen Händen, einem weichen Atem, einem Dasein ohne Eile.
Yin schafft Raum, in dem der andere Mensch ankommen kann, ohne etwas leisten zu müssen. - Es braucht Yang-Qualität
Yang ist das Klare, Haltende, Strukturgebende. Sie zeigt sich in Richtung, Stabilität, Grenzen und eindeutigen Signalen.
Yang vermittelt Sicherheit: Ich weiß, was wir tun. Ich halte den Rahmen.
Beides zusammen macht Berührung stimmig. Zu viel Yin kann diffuse, unklare Berührung erzeugen. Zu viel Yang kann hart, drängend oder funktional wirken. In der Balance entsteht Berührung, die gleichzeitig nährt und trägt.
Z – Zeit geben
Zeit geben bedeutet, dem Körper zu erlauben, in seinem eigenen Rhythmus anzukommen. Der berührte Mensch muss gar nichts: sich nicht bewusst entspannen, nichts aktiv lockerlassen, sich nichts „vornehmen“.
Ganz geduldig gibst du Zeit: Du wartest nicht auf eine Reaktion. Du forderst nichts ein. Du machst keinen inneren Druck, dass sich etwas verändern soll. Stattdessen vertraust du darauf, dass der Körper des anderen in seiner Zeit auf Berührung antwortet. Manchmal dauert das Minuten, manchmal Monate. In Sicherheit beginnt der Körper von selbst zu erblühen: Der Körper wird weicher, die Atmung tiefer, die (Selbst-)Wahrnehmung klarer.
Wie es nach dem ABC weitergehen kann
Dieses ABC ist eine Einladung, die Sprache der Berührung neu zu entdecken – langsam, neugierig, Schritt für Schritt. Vielleicht magst du einen oder auch mehrere Impulse mitnehmen und im Alltag erforschen: Wie fühlt sich eine bewusste Berührung an? Wie verändert Langsamkeit eine berührende Begegnung? Was macht es mit meinem Gegenüber, wenn ich einige dieser Punkte beachte?
Wenn du weitergehen möchtest: Unsere Workshops und Kuschelsessions bieten dir einen geschützten Rahmen, um all das praktisch zu erleben und zu üben.


