Wie 3 Minuten dein (Liebes)Leben verändern können

Bereichernde Beziehungen und ein erfülltes (Liebes-)Leben gehen u. a. mit einer Fähigkeit einher, die wir alle weiterentwickeln können: effektive Kommunikation. Hierbei stellt das 3-Minuten-Spiel von Betty Martin eine bemerkenswerte Übung dar. Sie kann uns beibringen, uns selbst besser wahrzunehmen – unseren Körper mit seinen Wünschen und Grenzen. Sie kann uns ermutigen, diese klar auszudrücken und uns die Erfahrung schenken, sie erfüllt und respektiert zu finden. Sie kann uns dabei unterstützen, aus eingefahrenen Berührungsmustern auszubrechen und uns selbst und unsere Partner:innen ganz neu kennenzulernen und zu erleben. Sie kann uns dahingehend bereichern, unser Berührungserleben bewusster zu gestalten, u.a. indem wir üben, in der Begenung mit uns selbst ehrlich zu sein und uns in der Begegnung mit anderen authentisch zu zeigen.
Durch die Anwendung dieser einfachen Übung, die zugegebenermaßen nicht 3 Minuten, sondern 4×3 Minuten dauert, kann es uns gelingen, Beziehungen bewusster zu gestalten und unser (Beziehungs)Leben positiv zu beeinflussen. Im Folgenden stellen wir dir das 3-Minuten-Spiel vor und laden dich ein, es kennenzulernen, auszuprobieren und durch dessen Praxis Beziehungen intensiver und auch sinnlicher zu gestalten.

Was ist das 3-Minuten-Spiel?

Das 3-Minuten-Spiel von Betty Martin ist eine Übung, die entwickelt wurde, um das Bewusstsein für Einvernehmlichkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen (für körperliche Grenzen und Wünsche und die sich darauf beziehende Kommunikation) zu fördern. Betty Martin ist eine amerikanische Therapeutin und Trainerin, die sich auf das Themenfeld Berührung, Intimität und Consent (= Einvernehmlichkeit / Zustimmung / Vereinbarung) spezialisiert hat. Sie wurde vor allem durch das Wheel of Consent bekannt, welches die Basis für das 3-Minuten-Spiel darstellt.

Die Idee hinter dem 3-Minuten-Spiel ist, dass es die Teilnehmer:innen dabei unterstützt, ihre eigenen Wünsche und Grenzen in Bezug auf Berührung zu erkennen, auszudrücken und zu respektieren, während sie gleichzeitig die Wünsche und Grenzen anderer respektieren. Die Regeln und klaren Strukturen des Spiels sorgen dafür, dass verschiedenste Aspekte (sowohl Geschenke, als auch Herausforderungen) einzeln betrachtet werden können. So entwirren sich verflochtene Muster, indem sie nach und nach erkannt, angesehen und aufgelöst werden können. Der spielerische Charakter der Übung lädt Freude und Leichtigkeit ein. Die kurze Zeitspanne (jeweils 3 Minuten) verhindert, dass die Spielenden sich überfordern oder dass bei ihnen das Gefühl aufkommt, an sich oder der Beziehung ‚zu arbeiten‘.
Das 3-Minuten-Spiel kann in verschiedenen Kontexten verwendet werden, von therapeutischen Sitzungen bis hin zu Workshops zur Verbesserung der zwischenmenschlichen Kommunikation und Intimität und auch ganz privat zwischen zwei Menschen, die Intimität miteinander üben und teilen wollen. Das Gelernte kann dann auch auf andere Bereiche des Lebens, die wenig oder nichts mit Berührung zu tun haben, übertragen werden.

Der Ablauf des Spiels im groben Überblick
Es spielen zwei Personen und es werden zwei unterschiedliche Fragen gestellt – jede von ihnen ist ein Angebot.
Die Spielpartner:innen wechseln sich in beliebiger Reihenfolge mit dem Fragen ab. Jede Runde dauert 3 Minuten. (Die Zeit kann natürlich angepasst werden. Es kann Runden von 5, 15, 30, 120 … Minuten geben. Dies sollte jedoch erst genutzt werden, wenn die einzelnen Abschnitte in ihrer Tiefe durchdrungen und verstanden wurden und keine Herausforderung mehr darstellen. 3 Minuten sind ausreichend zum Üben und sind im Gegensatz zu beispielsweise 30 Minuten überschaubar.)

  • Angebot #1: Wie würdest du gern von mir berührt werden – für 3 Minuten?
    (Antwort: Bitte kratze meinen Rücken, küsse meinen Nacken, beiße in meine Zehen, halte mich, usw.)
  • Angebot #2: Wie würdest du mich gern berühren – für 3 Minuten?
    (Antwort: Darf ich deine Arme anfassen, deinen Rücken erforschen, mit deinen Haaren spielen, usw.)
    Wichtig ist hier, nicht den Versuch zu machen, etwas zu ‚geben‘. Dieser Teil ist für das Vergnügen der handelnden Person.


Hinweise

  • Die Person, die diese Fragen stellt, gibt ein Geschenk. (Es ist nicht für sie, sondern für die andere Person.)
  • Absprachen, Einschränkungen und Hinweise sollten klar kommuniziert und respektiert werden. Beide sollten sich, so viel wie nötig, absprechen.
  • Beide sollten niemals mehr geben, als sie gewillt sind, zu geben.


Was braucht’s?

  • Einen Timer.
  • Zwei Personen, die miteinander üben wollen und die sich vertrauen (oder die über das Spiel Vertrauen zueinander aufbauen wollen).
  • Zwei Personen, die den Mut haben, sich mit den eigenen Wünschen und Grenzen zu zeigen (oder die dies üben wollen).
  • Zwei Personen, die Wertschätzung und Dankbarkeit für sich selbst, die andere Person und die Erfahrungen empfinden (oder diese entdecken wollen).


Wie anfangen?
Lies dir am besten den gesamten Blogartikel durch (Lies ihn gern mehrmals, auch während ihr spielt und übt. Es gibt immer neue Aspekte zu entdecken.), drucke dir das PDF und das Booklet aus und dann schaut euch noch unser Video an. Wir demonstrieren den Ablauf und geben weitere wertvolle Hinweise. Anfangs mag es überwältigend scheinen, zu versuchen, an alles zu denken bzw. alles zu beachten. Lasst diesen Ansatz sein, lasst los, genießt stattdessen, ladet Spielfreude ein und entdeckt die vielen Aspekte nach und nach. Das 3-Minuten-Spiel entfaltet sich mit der Zeit in seiner ganzen Tiefe und schenkt immer wieder neue Erkenntnisse und Aha-Momente.
Viel Freude beim Entdecken und Erforschen.


Das Material

Was bringt das 3-Minuten-Spiel?

Das 3-Minuten-Spiel ist sehr vielschichtig und kann viele Erkenntnisse und Aha-Momente bringen.
Hier einige der Benefits im Überblick:

  • Kommunikationsfähigkeit verbessern: Das Spiel fördert die klare und offene Kommunikation, da die Teilnehmer:innen lernen, Fragen zu stellen, ehrliche Antworten zu geben und auch zu erhalten. Dies trägt dazu bei, Missverständnisse zu minimieren und eine neue Qualität der (berührenden) Kommunikation in Beziehungen zu erreichen.
  • Lernen, Wünsche und Grenzen zu erkennen und auszudrücken: Durch das Spiel lernen und üben die Teilnehmer:innen sich selbst und ihren Körper besser wahrzunehmen und gewinnen ein tieferes Verständnis für ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen und werden ermutigt, diese auch klar auszudrücken. Sie lernen des weiteren, die Wünsche und Grenzen anderer zu respektieren, was zu einem gesünderen zwischenmenschlichen Miteinander führt.
  • Sich selbst und den anderen neu kennenlernen: Das 3-Minuten-Spiel ermöglicht es den Teilnehmer:innen, sich und ihre Partner:innen auf einer tieferen und neuen Ebene kennenzulernen. Es fördert ein umfassenderes Verständnis für die Präferenzen, Vorlieben und Empfindungen der Menschen, mit denen sie interagieren und bringt die Erkenntnis, dass diese sich auch ändern können, bzw. nicht immer gleich sind.
  • Aus eingefahrenen Berührungsmustern ausbrechen: Oftmals neigen wir dazu, in Beziehungen und Berührungen bestimmte Muster und Gewohnheiten zu entwickeln. Das Spiel ermutigt die Teilnehmer:innen, diese Muster zu erkennen und zu durchbrechen, was zu mehr Vielfalt und Bereicherung im Berührungs- und Sexleben führt.

 Die Basis des Spiels – Das Wheel of Consent

Das Wheel of Consent ist die Basis des Spiels. Durch die verschiedenen Rollen (fragende oder antwortende Person) und die Runden (zwei verschiedene Fragen werden gestellt) entstehen vier Möglichkeiten, Berührung einzuordnen und zu erfahren. Diese vier sind gleichbedeutend mit den vier Quadranten des Wheels: DIENEN & EMPFANGEN und NEHMEN & ERKAUBEN. Die Vereinbarung darüber und deren Einhaltung schafft das Wheel of Consent, welches die Möglichkeit bietet, verschiedene Aspekte von zwischenmenschlichen Beziehungsdynamiken in Reinform (durch körperbasierte Erfahrungen) zu erleben. Dadurch können wir uns selbst (in Beziehung) besser kennenlernen und bewusste Veränderungen einladen.
Das 3-Minuten-Spiel ist eine Übung, in der wir alle vier Quadranten des Wheels of Consent erforschen und erfahren können, indem wir jede der vier Rollen, in klarer Abgrenzung zu den anderen drei Rollen, einnehmen.

Was ist nun das Wheel of Consent?
Das Wheel of Consent, auch als das Konsens Rad bekannt, wurde von Betty Martin entwickelt, einer Sexological Bodyworkerin und Intimitätscoachin. Ihr Anliegen ist es, das Bewusstsein für die vielfältigen Aspekte, Qualitäten und Intentionen von Berührung zu schärfen und darauf hinzuweisen, dass sie nicht nur im privaten, sondern auch im therapeutischen Kontext oft miteinander verflochten sind. Dies kann zu Unsicherheit („Irgendetwas fühlt sich nicht stimmig an, ist merkwürdig. Ich weiß nicht was, aber ich möchte das so nicht.“), unbewussten Verletzungen und sogar Retraumatisierungen führen. 
Das Wheel of Consent bzw. die tiefe Auseinandersetzung mit ihm schafft einen sicheren Rahmen für berührende Interaktionen und befähigt alle Beteiligten, Eigenverantwortung zu übernehmen.

Im Wheel werden zwei Schlüsselfaktoren berücksichtigt: 
Wer handelt? Und: Für wen ist das Geschenk? Daraus ergeben sich vier mögliche Kombinationen (siehe Chart):

DU tust etwas und es ist FÜR DICH (Du bist im Quadranten NEHMEN)
DU tust etwas und es ist FÜR DIE ANDERE PERSON (Du bist im Quadranten DIENEN)
DIE ANDERE PERSON tut etwas und es ist FÜR DICH (Du bist im Quadranten EMPFANGEN)
DIE ANDERE PERSON tut etwas und es ist FÜR SIE (Du bist im Quadranten ERLAUBEN)

Das Wheel of Consent setzt sich also aus vier Quadranten zusammen und bildet die Grundlage für eine klar definierte Übereinstimmung (Consent) in verschiedenen Interaktionen. Diese Übereinstimmung und Zustimmung ist das Wheel selbst. Alles, was innerhalb des Wheels, also innerhalb des Kreises stattfindet, geschieht einvernehmlich und mit spezifischen Vereinbarungen. Es schafft eine klare Struktur und Transparenz in Bezug auf die Art und Weise, wie miteinander interagiert wird.
Die vier Quadranten repräsentieren unterschiedliche Handlungsrollen und Intentionen. Im Inneren des Wheels sind die Handlungen und Absprachen einvernehmlich. Alles, was außerhalb des Wheels liegt, beherbergt die Schatten der Quadranten und kennzeichnet den Bereich, in dem Absprachen und Einvernehmlichkeit fehlen. Jede dieser vier Rollen bzw. vier Quadranten bietet unterschiedliche Geschenke und Herausforderungen. Das Ziel ist, zwischen den einzelnen Rollen bzw. Quadranten klar unterscheiden zu können.

Die Auseinandersetzung mit dem Wheel lehrt uns, Verantwortung für unsere eigenen Erfahrungen und Entscheidungen zu übernehmen, die Erfahrungen und Entscheidungen anderer wertschätzend zu akzeptieren und verdeutlicht die Notwendigkeit klarer Kommunikation in jeder Form von Beziehung.

Chart – Das Wheel of Consent

Hinweise zum Quadranten DIENEN

Einordnung ins Spiel:
Du stellst die Frage: „Wie möchtest du von mir berührt werden – für 3 Minuten?“
Die andere Person empfängt und du dienst ihr mit deiner Handlung. Du bist das Geschenk.

Essenz: Handeln, um anderen zu nutzen.
Die meisten Menschen nennen es „Geben”, aber dies ist nicht die einzige Art zu geben. Auch der Quadrant ERLAUBEN ist eine Form des Gebens. Im DIENEN trägst du zur Erfahrung der anderen Person bei. Das Geschenk, das du gibst, ist dein Tun. Das Tun, das die andere Person sich wünscht und du bereit bist, aus vollem Herzen zu geben.

Um zu dienen:

  • Stelle deine Vorlieben zur Seite (inklusive der Reaktionen, die du gerne von der empfangenden Person sehen würdest).
  • Frage danach, was die andere Person will – und warte auf die Antwort. Ihr Raum für ihre Entscheidung zu geben, ist sehr wichtig.
  • Entscheide dann, ob du bereit und fähig bist, das Gewünschte zu tun. Respektiere deine Grenzen. Frage dich: „Ist dies etwas, das ich aus vollem Herzen geben kann?“
  • Wenn Ja, dann tue es, so gut du kannst.
  • Am Ende, wenn die andere Person sich für dein Geschenk (dein Tun) bedankt hat, sage „Bitte“ oder „Gern geschehen“, denn das Geschenk war für die andere Person. „Gern geschehen“ lässt dies anders einsinken, als wenn du (automatisch) „Danke dir.“ sagen würdest (weil du es vielleicht auch sehr genossen hast).

Dienen – einige Hinweise

  • Es ist egal, was du möchtest, wichtig ist, was du bereit bist zu geben. Du kannst das Geben/Dienen/Tun natürlich genießen, aber du folgst dem Weg/Wunsch der empfangenden Person. Du nimmst deine Wünsche und Präferenzen komplett aus dem Spiel.
  • Übernimm die volle Verantwortung für deine Grenzen. Es ist nicht der Job der empfangenden Person, auf deine Grenzen zu achten. Das ist dein Job. Nimm ihn ernst. Auch gibst du keine Versprechen ab. Tauchen neue Grenzen auf, folge diesen und benenne sie. Wenn es in dir grummelt, überlege „Wann habe ich nicht Nein gesagt und bin über meine Grenzen gegangen?“
  • Es ist natürlich möglich, etwas, das du eigentlich nicht möchtest, trotzdem für jemanden zu tun. In diesem Fall ist es wichtig, eine klare Wahl zu treffen und dir dieser Wahl auch bewusst zu sein.
  • Wichtig ist deine Kommunikation mit der empfangenden Person: Deine Fragen sollten Angebote sein: „Wie möchtest du, dass ich dich berühre?“ „Möchtest du…?“ „Was möchtest du…?“ „Was würde sich gut/hilfreich/nützlich anfühlen?“ Hast du ein Angebot gemacht und bist enttäuscht, wenn es abgelehnt wird, war es kein Angebot (nicht mal eine Bitte), dann war es eine Forderung.
  • Deine eigenen Grenzen zu achten, schafft Großzügigkeit. Das Geheimnis von Großzügigkeit ist das Wissen um die eigenen Grenzen und die Fähigkeit, für sie einstehen zu können. Wenn du weißt, dass du nicht über deine Grenzen gehen wirst, kannst du deine Jas mit Freude schenken. Kennst du deine Grenzen nicht oder kannst sie nicht klar kommunizieren, bewegst du dich in den Schatten des Dienens. (s. Chart)

Hinweise zum Quadranten EMPFANGEN

Einordnung ins Spiel:
Du bekommst die Frage gestellt: „Wie möchtest du von mir berührt werden – für 3 Minuten?“
Auf diese Frage hin, spürst du in dich hinein und beantwortest sie. Die andere Person dient dir, indem sie handelt. Du bekommst ein Geschenk.

Essenz: Nutzen aus der Handlung anderer ziehen.
Die meisten Menschen nennen dies „Bekommen”, aber dies ist nicht die einzige Art zu bekommen, denn im Quadrant NEHMEN bekomme ich auch ein Geschenk

Um zu empfangen:

  • Setze dich an die erste Stelle. Gib dich nicht damit zufrieden, was nur „OK“ für dich ist. Es soll wundervoll bzw. genau das sein, was du willst.
  • Nimm dir all die Zeit, die du brauchst, um wahrzunehmen, was genau es ist, das du willst. Das ist der wichtigste Teil – und oft der Schwierigste.
  • Bitte so direkt und spezifisch wie möglich um das, was du willst. Kein „Du könntest ja mal …“, kein „Vielleicht …“, kein „Was immer du willst.“. Justiere, möglichst spezifisch, so oft wie nötig, bis du genau das bekommst, was du willst.
  • Höre auf, der dienenden Person eine angenehme Erfahrung ermöglichen zu wollen. Du bist dran. Fokussiere dich auf deine Erfahrung.
  • Du kannst jederzeit deine Meinung ändern (und um etwas anderes bitten).
  • Am Ende bedanke dich bei der anderen Person. Sage „Danke“ oder „Vielen Dank!“.

Empfangen – einige Hinweise:

  • Stelle deine Wünsche an erste Stelle und respektiere die Grenzen des Dienenden. Nur wenn beides gegeben ist, ist es Empfangen.
  • Empfangen muss wie jeder Quadrant gelernt und geübt werden. Es erfordert die Fähigkeit, sich Raum zu nehmen und den gegebenen Raum anzunehmen und genießen zu können. „Es geht nur um mich. Ich verdiene das. Ich darf genießen. Ich darf etwas so lange ändern, bis es sich stimmig anfühlt.“
  • Empfangen erfordert, Vertrauen in die dienende Person zu setzen. Das Vertrauen, dass diese auf sich selbst aufpassen kann. Es ist nicht dein Job, die Grenzen der anderen Person zu wahren. Vermeide deshalb auch, für sie mitzudenken: „Mag sie das wirklich noch? Bin ich zu viel? Ist es zu anstrengend? Reagiere ich genug und angemessen? Zeige ich genug, dass ich es schön finde?“ …
  • Das Thema Schuld spielt in diesem Quadranten des Öfteren eine Rolle. Entweder, der dienenden Person gegenüber ein schlechtes Gewissen zu haben, oder zu empfinden, des Geschenks nicht wert zu sein und sich parallel damit zu beschäftigen, wie eine angemessene Gegenleistung aussehen könnte. Schuld verhindert, das Geschenk entspannt annehmen zu können und wenn das passiert, bekommt dieses Geschenk nicht seine verdiente Wertschätzung.

Hinweise zum Quadranten NEHMEN

Einordnung ins Spiel:
Du bekommst die Frage gestellt: „Wie möchtest du mich berühren – für 3 Minuten?“
Auf diese Frage hin, spürst du in dich hinein und beantwortest sie. Die andere Person erlaubt dir Zugriff auf ihren Körper. Du handelst und du bekommst das Geschenk.

Essenz: Handeln, um dir selbst zu nutzen. 

Dieser Teil ist für viele Menschen schwierig, schwer greifbar oder sogar beängstigend. – Wie im EMPFANGEN wirst du im NEHMEN beschenkt. „Nehmen” ist jedoch eine aktive Form des „Empfangens“, in der du das Geschenk bekommst, Zugriff auf einen anderen Menschen zu erhalten. Um es annehmen zu können, musst du aufhören zu „Geben/Dienen“.

Um zu nehmen:

  • Nimm dir Zeit wahrzunehmen, wo und wie du die andere Person gern berühren möchtest.
  • Frage „Darf ich…“ und nicht „Hättest du gern?“
  • Frage die andere Person, was ihre Grenzen sind und halte dich strikt daran. Frage gegebenenfalls nach, sollte dir etwas nicht klar sein.
  • Bleibe bei deinem eigenen Erfahren (deiner Wahrnehmung, deinem Fühlen und Spüren) und benutze deine Hände, um zu fühlen, nicht um der anderen Person eine bestimmte Erfahrung zu ermöglichen (dann wärst du im DIENEN). Sei langsam – je langsamer du bist, desto mehr spürst du. Erfühle die Form und die Beschaffenheit. Sei präsent und neugierig.
  • Wenn du anfängst zu „Geben/Dienen“, erinnere dich daran, dass es für dich ist. Du bekommst gerade ein Geschenk. Sich von deiner eigenen Erfahrung ablenken zu lassen (weil du mit deiner Aufmerksamkeit bei der anderen Person bist), verhindert, deren Geschenk in echter Dankbarkeit annehmen zu können.
  • Am Ende sage „Danke“ oder „Vielen Dank!“

Nehmen – einige Hinweise

  • In diesem Quadranten handelst du für dein eigenes Wohlgefühl, erfüllst deine Wünsche und gehst ausschließlich nach deinem Vergnügen. Unerheblich ist hierbei, was die andere Person will, allerdings ist es sehr wichtig, was sie bereit ist zu geben. Halte dich streng an die Vereinbarung und respektiere weitere Grenzen diskussionslos und wertschätzend, sollten welche hinzugefügt werden. Wenn es keine Sonderabsprachen diesbezüglich gibt, ist es grundsätzlich erlaubt, nach allem zu fragen – die Antwort zu respektieren, ist das, was zählt.
  • Es kann schwer sein zu fühlen, was du wirklich willst. In diesem Fall sind Ruhe und Langsamkeit angeraten. Pausen sind der Schlüssel. „Was will ich wirklich, jetzt in diesem Moment?“ Handle deiner Antwort gemäß und nutze nicht jede sich bietende Gelegenheit. Gier sollte nicht Teil der Motivation oder Entscheidungsfindung sein, ebenso wenig wie Gewohnheit oder Trägheit. Lenke das Bewusstsein immer wieder heraus aus dem Kopf und hinein in den Körper. Wenn kein Impuls da ist, warte ab, bis einer entsteht und erzeuge keinen künstlich in deinem Kopf.
  • Wir müssen zuerst lernen zu nehmen. Warum? Erst wenn du genug genommen hast und nicht mehr so hungrig bist, kann Frieden sein – in deinem Wesen, in der Handlung, in der Begegnung. Erst dann kann echtes Dienen geschehen. Nur wenn du gut im NEHMEN bist, kannst du gut im DIENEN sein.
  • Wertschätze und ehre das dir dargebrachte Geschenk. „Die andere Person und ich sind in einer Begegnung auf Augenhöhe und sie gibt mir vertrauensvoll und aus vollem Herzen die Möglichkeit, ihren Körper (innerhalb der Vereinbarung) zu berühren. Sie stellt sich großzügig für meine Erfahrung zur Verfügung.“ Mache dir dieses Geschenk immer wieder ganz bewusst und drücke deine tiefe Dankbarkeit dafür aus.

Hinweise zum Quadranten ERLAUBEN

Einordnung ins Spiel:
Du stellst die Frage gestellt: „Wie möchtest du mich berühren – für 3 Minuten?“
Du erlaubst der anderen Person Zugriff auf deinen Körper. Du gibst ein Geschenk.

Essenz: Anderen die Erlaubnis geben, zu ihren Gunsten zu handeln.
Dieser Teil ist für einige Menschen sehr einfach und für andere sehr schwierig. Das hängt davon ab, ob du weißt, dass du einen Einfluss darauf hast, wie du berührt wirst. Erlauben ist eine Form des Gebens. Das Geschenk, das du gibst, ist Zugriff auf dich und deinen Körper. In diesem Quadranten geht es nicht um deine Wünsche und was du gern hättest, sondern darum, was du nicht wollen würdest. Übernimm die Verantwortung für deine Grenzen.

Um zu erlauben:

  • Nimm dir Zeit, deine Grenzen zu berücksichtigen. Frage dich: „Ist das ein Geschenk, das ich aus vollem Herzen geben kann?“
  • Warte auf ein inneres Ja!
  • Wenn du zögerst, trifft einer der folgenden Punkte zu:
    • Du brauchst mehr Informationen: Frage nach, was dir noch an Information fehlt.
    • Es ist ein Nein, das darauf wartet, von dir gehört zu werden: Sage Nein. Auch ein Vielleicht ist ein Nein.
    • Es wäre ein Ja, wenn du noch eine weitere, bestimmte Grenze setzen würdest: Lasse dir Zeit und finde heraus, mit welchen Einschränkungen, das zu einem Ja würde. Sprich mit der anderen Person und findet eine Absprache, die sich für beide gut anfühlt, eine Übereinstimmung.
  • Sei die ganze Zeit präsent in deinem Körper und spüre, dass du jederzeit deine Erfahrung beeinflussen kannst. Du bist nicht ausgeliefert.
  • Du kannst jederzeit neue Grenzen hinzufügen und sie werden wertschätzend akzeptiert und respektiert werden.
  • Am Ende, wenn die andere Person sich bedankt, sage „Bitte.“ oder „Gern geschehen!“

Erlauben – einige Hinweise
Mache dir immer wieder bewusst: „Ich habe die Wahl, wie ich berührt werde. Meine Grenzen zählen.“ Sage Nein, wenn es sich nicht gut anfühlt und respektiere um jeden Preis deine Grenzen und damit dich selbst. Lass dich nicht überfordern oder vereinnahmen.
Sich hinzugeben, ist eine Fähigkeit, die wir erlernen müssen. Sie erfordert vor allem Vertrauen in uns selbst, das Vertrauen, dass wir auf uns aufpassen können. Die Voraussetzungen dafür sind: Dass wir uns gut spüren können und dass wir gut kommunizieren können, womit wir fein sind (was uns noch nicht unangenehm ist) und womit nicht (was unangenehm, grenzverletztend oder überfordernd ist).
Erlauben fühlt sich oft so gut an, dass wir vergessen, dass es gar nicht für uns ist.

Fazit und Einladung

Das 3-Minuten-Spiel, entwickelt von Betty Martin, ist eine kraftvolle Übung zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit und zur Förderung eines tieferen Verständnisses für persönliche Grenzen und Wünsche. Es trägt dazu bei, Missverständnisse zu minimieren und die Qualität der Kommunikation in Beziehungen zu steigern. Das Spiel ermöglicht es den Teilnehmer:innen, sich selbst und andere auf eine neue und tiefere Weise kennenzulernen und wirkliche Intimität zu erfahren. Es erlaubt ihnen, aus eingefahrenen Berührungsmustern auszubrechen und ein höheres Maß an Einvernehmlichkeit und Sensibilität in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen zu erreichen.

Wir laden dich ein, es immer wieder mit deinen Liebsten zu spielen und jeden einzelnen Quadranten ausgiebig zu erforschen und so deren Schätze zu heben und Geschenke zu entdecken.
Wenn du dich darüberhinaus mit dem Themenfeld Beziehung, Berührung und Intimität auseinandersetzen möchtest, empfehlen wir dir unsere Workshops.

Kuschelworkshops des KuschelRaums.

Workshop – DIE KRAFT DER BEWUSSTEN BERÜHRUNG – Bewusste Berührungen empfangen und schenken lernen
Workshop – DIE KRAFT DER VERBUNDENHEIT – Nähe und Intimität zulassen
Workshop – CONSENT – Wie Einvernehmlichkeit dein Leben bereichert
Workshop – BEZIEHUNGSWEISE CONSENT – Consent in (Liebes-)Beziehungen (coming soon)

Hier nochmals der Link zu unserem Video „Das 3-Minuten-Spiel nach Betty Martin“ mit vielen weiteren Hinweisen.