3 Arten des Berührungserlebens – die Übertragung von Absichten und Motiven

Berührungen – der Spagat zwischen wohligem Glücksschauer und Verletzung.
3 Arten des Berührungserleben, d. h. wie wir Berührung wahrnehmen – und warum.

Berührung besteht nicht aus Berührung allein. Wie wir sie wahrnehmen und erleben hängt mit vielen Faktoren zusammen. Ist sie für uns angenehm, was den Druck oder die Geschwindigkeit angeht? Mögen wir den*die Gebende*n bzw. wie gestaltet sich unsere Berührungshistorie mit der betreffenden Person? Ist es warm und gemütlich, da wo wir gerade sind? Möchte unser Körper jetzt in diesem Moment Berührung empfangen? Alles und mehr hat einen Einfluss. Um eines soll es in diesem Artikel besonders gehen – um die Übertragung von Absichten und Motiven durch Berührung. Denn nicht nur die Berührung selbst nehmen wir wahr. Es sind vor allem die Absichten und Motive hinter der Berührung, die uns ein wunderschönes oder weniger angenehmes Berührungserlebnis bescheren. Sie entscheiden maßgeblich darüber, ob wir uns verletzt oder abgestoßen fühlen oder verwöhnt, liebkost und genährt.

Berührungserleben

Berührungserleben ist vielfältig und umspannt einen großen Erfahrungsraum, denn Berührungen können die schönsten Glücksmomente hervorrufen oder abstoßend, ja sogar verletzend sein, bis hin zu Schmerz und Folter. Sie können dazu benutzt werden, um Menschen zu zeigen, dass sie nicht die Kontrolle (über sich / über ihren Körper) haben, um sie klein zu machen/halten oder Machtspiele zu spielen. Sie können aufbauend wirken, Wertschätzung und Respekt vermitteln, Liebe und Zuneigung übertragen. Die Wirkung von Berührung (positiv als auch negativ) wird als Berührungserleben bezeichnet. Das Berührungserleben besteht aus der Berührung selbst, dem taktilen Reiz, und aus der Intention, also dem Motiv des Gebenden, welches sich überträgt. Das Erleben liegt aber dennoch komplett beim Empfänger und ist untrennbar mit seiner Lebensgeschichte (Erziehung, kultureller Hintergrund, eigene Erfahrungen…), seinen persönlichen Präferenzen (sowohl angeborenen als auch in der Biographie eingebetteten) und dem Kontext der Berührung (wer berührt mich, wann, vor wem, wie geht es mir in dem Moment…) verknüpft. Darauf basierend agiert unsere Wahrnehmung dann wie ein Filter und unsere Erfahrungen und Empfindungen werden dementsprechend eingeordnet. Trotz passender Berührungsqualität und Intention können deshalb negative Gefühle ausgelöst werden, wenn das System des*der Empfänger*in Berührung allgemein oder diese spezifische Art der Berührung als bedrohlich oder unangenehm einordnet. Demzufolge wird das System der Person, die die Berührung als Empfangende*r erlebt, dieses neue Erlebnis als entweder positiv oder negativ einordnen und dementsprechend mit Ab- oder Hinwendung, mit An- oder Entspannung reagieren.

Eine negative Einordnung erfolgt:

  • wenn die Berührung Verletzung oder Demütigung überträgt: „Ich kann mit dir machen, was ich will.“ „Ich will dich verletzen und demütigen.“ (Ausnahme: Sado-Maso-Begegnungen, bei denen genau dies gewünscht sein kann.) → Kongruenz von Intention und Berührung
  • wenn die Berührung nicht wie angekündigt stattfindet: Das Versprechen war Absichtslosigkeit: „Ich massiere dich, um dir etwas Gutes zu tun.“, doch der Körper der empfangenden Person spürt die geheime Agenda dahinter: „Ich massiere dich, weil ich deinen Körper genießen will und dich durch meine Berührung zu sexuellen Handlungen überreden will.“ → Inkongruenz von Intention und Berührung
  • wenn die Intention trotz Berührungsqualität eine negative ist: „Ich empfinde dir / deinem Körper gegenüber Ekel und Abscheu.“ „Ich habe eigentlich keine Lust, dich zu berühren.“ → Inkongruenz von Intention und Berührung
  • wenn sich unbewusst große Bedürftigkeit (Berührungsmangel oder -hunger) überträgt. Dies führt bei der empfangenden Person zu Empfindungen wie sich benutzt oder ausgenutzt fühlen, sogar missbraucht oder vergewaltigt werden. Wer bedürftige Berührungen empfängt, ohne dass dies vorher abgesprochen wurde, erlebt Gefühle der Grenzüberschreitung gepaart mit Wehrlosigkeit. Dies passiert, weil vom Erleben des*der Empfänger*in her keine Begegnung auf Augenhöhe stattfindet, kein ehrlicher Austausch, schon gar nicht ein beschenkt oder verwöhnt werden, sondern ein nicht aus- oder abgesprochenes, einseitiges Absaugen von Energie, das sich bedrohlich und rücksichtslos anfühlt. Das besonders Problematische hierbei ist die Tatsache, dass nicht die sichtbare Berührungsebene betroffen sein muss, sondern oft nur eine sehr subtile (energetische) Ebene, was es der empfangenden Person extrem schwierig macht, den Grund ihres Unwohlseins zu erkennen und zu benennen. → Inkongruenz von Intention und Berührung, wenn die Intention war, der empfangenden Person etwas Gutes zu tun, z. B. eine Massage zu schenken.
  • sich die Berührung trotz positiver Intention nicht schön anfühlt (z. B. ungelenk, zu grob ist) → Inkongruenz von Intention und Berührung

Eine falschpositive Einordnung erfolgt:

  • wenn sich der*die Empfänger*in in der Einordnung irrt. Dies kann geschehen, weil wiederholt negativ berührte Körper (oder alte Traumata) zu einer Abstumpfung desselben führen können. Dieser fühlt entweder nur noch wenig oder ist nicht mehr in der Lage, deutliche Warnsignale zu senden. In manchen Fällen werden die Warnsignale auch einfach ignoriert, weil der*die Empfangende (glauben) will, dass es sich um eine positive Berührungserfahrung handelt. Mögliche gewählte Filter könnten sein: „Ich will, dass es schön ist.“ „Ich glaube nicht, dass mir diese Person etwas Böses will.“ „Das hier ist besser als nichts.“ → (In-)Kongruenz kann oder will nicht gespürt werden

Eine positive Einordnung erfolgt:

  • wenn die Berührung des*der Sender*in zur positiven Intention des*r Gebenden passt und sich genauso auf den*die Empfangende*n überträgt, der*die dazu auch seine*ihre Zustimmung gegeben hat: „Ich spüre dich und deinen Körper gern.“ „Ich schätze dich und bin gern in deiner Nähe.“ „Ich öffne mich für dich und genieße unser Zusammensein.“ → Kongruenz von Intention und Berührung + Zustimmung

„Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll.“ – Johann Wolfgang Goethe

Generell lässt sich sagen: Berührungsqualität und Intention sind bei jeder Art von Berührung immens wichtig, da unser Körper über eine ihm innewohnende Weisheit verfügt und selbst verborgene Absichten spürt. Er nimmt wahr, ob die Umarmung, Massage oder Streicheleinheit wirklich ein Schenken oder ein Absaugen von Energie ist. Die unterschwellige Agenda wird vom Körper wahrgenommen und kann bei Inkongruenz mehr Schaden anrichten als von Nutzen sein.
Deshalb sind die folgenden Fragen im Zusammenhang mit dem Empfangen von Berührung immens wichtig: Möchte ich gerade hier sein? Möchte ich gerade Berührung empfangen? Möchte ich sie jetzt in diesem Moment von dieser Person empfangen? Welche Berührungen wünscht sich mein Körper gerade?
Und deshalb sind die folgenden Fragen im Zusammenhang mit dem Geben bzw. Schenken von Berührung immens wichtig: Möchte ich gerade hier sein? Möchte ich gerade Berührung geben bzw. schenken? Möchte ich sie jetzt in diesem Moment dieser Person schenken bzw. geben? Welche Berührungen kann ich schenken bzw. geben, ohne eine Grenzverletzung meinerseits herbeizuführen? Habe ich Absichten und Motive, die über das reine Schenken bzw. Geben von Berührung hinausgehen und wenn ja – welche bzw. sollte ich dann noch Berührung schenken bzw. geben?

Es ist essentiell, dass alle ihr Bewusstsein dahingehend schärfen, genau zu wissen, was gerade geschieht und dass vor allem nur genau das geschieht, was sie gerade erfahren wollen. Immer. Denn je mehr wir uns ehrlich damit auseinandersetzen, desto größer word die Wahrscheinlichkeit für den Berührungshimmel auf Erden.

Wir wünschen dir viel Freude beim Entdecken deiner Berührungswelt.

Schule gern deine Wahrnehmung auf unseren Conscious Cuddle Experiences oder erfahre und übe das Schenken und Empfangen von Berührungen auf unseren Kuschelworkshops.

Hier noch ein schöner Artikel über die Magie der Berührung.